Rudolf Rothe
Rudolf Rothe,
1927 in Wuppertal geboren, gehörte 1946 zu den ersten Studenten der nach dem Kriege noch in Trümmern liegenden Düsseldorfer Kunstakademie. Er hatte die Werkkunstschule in Wuppertal besucht und eine Lehre begonnen, die er infolge der Kriegsereignisse nicht zu Ende führen konnte. Seine schöpferischen Fähigkeiten fanden nach dem Ende von Krieg und Nazismus endlich die Freiheit, sich zu entwickeln. Er entdeckte die klassische Moderne und all die schöpferische Vielfalt, die in den Jahren zuvor nicht zu sehen war, arbeitete mit großem Elan und fand schnell Anerkennung.
In der Aufbruchsstimmung dieser Zeit findet sich viel Energie und Ungeduld, eine andauernde Präsenz belastender und bedrängender Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit, und – wie für viele aus der jungen Künstlergeneration – eine existentielle Fragestellung nach dem Wert des kulturellen Erbes und ein dringender Wunsch nach einem umfassenden Neubeginn. Rothes Kunstverständnis blieb dabei klassisch geformt in dem Sinne, daß seine Malerei stets die Welt auch dann noch repräsentiert hat, wenn es um ihre Zerstörung und die Angst vor ihrem Verlust ging. Vermutlich ist dafür auch der Einfluß seines Lehrers Otto Pankok wichtig. Während andere jedenfalls aus der Ablehnung aller traditionellen Kunstformen zur Aktionskunst kamen, eine Kunst ohne Kunst propagierten, und einige tatsächlich darüber zu einer neuen künstlerischen Definition und wieder zu einer neuen Klassik fanden, beschäftigte sich Rudi Rothe ganz gegenzyklisch mit der Malerei des Manierismus und des Barock und entwickelte daraus sein künstlerisches Projekt und seinen besonderen Stil.
Rudi Rothe mit 16 Jahren
Werkkunstschule: Klassenraum.
Rudi Rothe steht hinten an der Tür
Werkkunstschule: Gruppe mit Lehrern.
Rudi Rothe ist der dritte von rechts in der stehenden Reihe
Eva und Otto Pankok 1946
Hochzeit Claire und Rudolf Rothe
Anfang der 60er Jahre entstanden seine bekanntesten Ölbilder: großformatige Figurengruppen, oft dramatisch und dunkel getönt, mit heftigen Pinselstrichen aufgebracht, die Figuren selbst häufig taumelnd und fallend. Trotz des impulsiven Gestus bleiben diese Bilder getragen von einer durchgearbeiteten malerischen Konzeption, die von szenischer Haltung und Bewegung bestimmt wird, aber in ihrer Grundauffassung figürlich und thematisch angelegt ist.
In dieser unzeitgemäßen Position entsteht ein originelles Werk, in dem die Spannungen der Aufbrauchszeit aufbewahrt und weitergetragen werden, und dessen Intensität mit einer gewissen Friedlosigkeit einhergeht. Seine Meisterschaft bringt ihm Respekt und Anerkennung, sowohl in der Öffentlichkeit wie auf der institutionellen Ebene, aber seine Bekanntheit bleibt im Wesentlichen auf Wuppertal und Düsseldorf und deren Kunstszene beschränkt.
1966 erleidet Rudi Rothe einen schweren Verkehrsunfall, den er nur vermindert und schwer angeschlagen überlebt und in dessen Folge seine Karriere abbricht. Es sind wiederum seine malerischen Fähigkeiten, mit denen er sich langsam wieder aufbaut und Form zurückgewinnt.
Es erscheinen neue Elemente und eine neue Farbigkeit in seinen Bildern; ein naiv wirkender Gestus läßt sich vielleicht so interpretieren, daß der Maler sich von Verpflichtungen und Rücksichtnahmen auf kunsttheoretische Zusammenhänge und gesellschaftliche Erwartungen nunmehr frei fühlt. Aber auch die neue Malweise steht für Rothe im Dienst der existentiellen Notwendigkeit, die Welt zu begreifen und ihr einen Sinn abzugewinnen, und die eigene Unruhe zu besänftigen.
Mehrere Jahre lang koexistieren der neue und der alte Stil, und Rothe führt sogar noch durch den Unfall unvollendet gebliebene Arbeiten weiter. Später wandeln sich seine Bilder nochmals und füllen sich mehr und mehr mit Elementen eines privaten Theaters. Erst um das Jahr 2000 hat er aufgehört zu malen.
Rudi Rothe ist am 31. Januar 2018 in Wuppertal gestorben.
Er hinterläßt ein umfangreiches druckgrafisches Werk und an die 150 Gemälde. Einiges befindet sich in öffentlichen Sammlungen, insbesondere im von-der Heydt-Museum Wuppertal, anderes in privater Hand. Ein größerer Fundus ist im Besitz der Familie. Einige Bilder aus der Zeit nach dem Unfall haben ihren Platz in der Sammlung Prinzhorn des Universitätsklinikums Heidelberg gefunden. Zu erwähnen ist auch noch die Marius Eriksen Stiftung in Oldenburg, die über eine Reihe von Gemälden und ein größeres Konvolut von Druckgrafiken aus der frühen Schaffensperiode verfügt. Bei einem Großteil dieser Sammlung sind die Eigentumsverhältnisse ungeklärt. Die Stiftung scheint sich aktuell (Herbst 2019) der Sammlung entledigen zu wollen.
Teile des Werkes sind in den letzten 40 Jahren sporadisch gezeigt worden, zuletzt im März / April 2011 im Düsseldorfer Landtag.
Es ist geplant, Rudi Rothes Werk in eine Stiftung zu überführen. finis artis unterstützt dieses Projekt.
© finis artis
Nachdruck nur mit Quellenangabe
Rudi Rothe im Frühjahr 2011